Allgemein

Die Zauneidechse ist eine bei uns weit verbreitete Eidechsenart, die man während den warmen Monaten an sonnigen, offenen Strukturen z.B an Wiesenborden, bei Steinhaufen, entlang von Hecken, Bahndämmen oder Bachufern antreffen kann. Den Winter verbringen sie in einer Winterstarre in Unterschlüpfen in der Erde, in Lücken zwischen Steinen, Wurzeln oder auch in Mauslöchern. Zauneidechsen legen im Frühsommer Eier, die von der Sonne 'ausgebrütet' werden. Hierzu werden sie in sandige Erde abgelegt, die von der Sonne leicht erwärmt werden kann.

Zauneidechsen sind gefährdet, da die von ihnen benötigten Strukturen in grossem Ausmass beseitigt wurden und weil ihnen vielerorts blumen- bzw. insektenreiche Wiesen fehlen.

Zauneidechsen © Bertrand Baur


  Aussehen und Erkennungsmerkmale

Die Zauneidechse wirkt verglichen mit den anderen Eidechsen relativ gedrungen, namentlich der relativ kurze, stumpfe und hohe Kopf sowie der dicke, runde Körperquerschnitt. Die Kopf-Rumpflänge beträgt bei ausgewachsenen Tieren ca. 11cm. Der Schwanz ist 1,25 bis 1,5mal so lang, so dass die Gesamtlänge ca. 20 cm bemisst. Ansonsten sind ihre Merkmale äußerst variabel.

Beim Männchen zieht ein dunkler, bräunlicher Streifen über den Rücken, in dem helle, dunkel gerandete Flecken eingelassen sind. Die Flanken und Unterseite sind beim Männchen grünlich (in der Paarungszeit oft besonders lebhaft) und zeigen gleichzeitig schwarze Flecken. Schwanz und hintere Gliedmassen sind braun.

Das Weibchen ist ähnlich gemustert wie das Männchen, wobei es aber vorwiegend braun, gelbbraun oder hellgrau gefärbt ist. Die Unterseite ist gelblich und ohne Flecken.

Häufig treten aber Farb- und Zeichnungsvariabilitäten und -mutanten auf.

Männchen © Bertrand Baur

Weibchen © Bertrand Baur


Jungtier © Bertrand Baur




  Beobachtung


Tipps:
Sonnenbadende Tiere: am Morgen / gegen Abend / nach kälteren Tagen / nach Winterruhe / vor Winterruhe
Jungtiere im Frühling und spätere im Herbst.



  Bevorzugte Strukturen

Zauneidechsen bevorzugen sonnige, trockene bis leicht feuchte Lebensräume mit recht dichtem Gras- und Krautbewuchs, in dem aber Lücken und Plätze für das Sonnenbaden vorhanden sein müssen. Gleichzeitig braucht die Eidechse in unmittelbarer Nähe zum Sonnenbadeplatz dichte Deckung in Form von Sträuchern, die mit ihren Ästen bis zum Boden reichen, verfilzten Wiesenpartien, Steinhaufen, Holzstapeln, offenem Wurzelwerk, Mauselöchern etc., wohin sie bei Gefahr blitzschnell fliehen kann.

Nötig sind in jedem Fall vereinzelt stehendes Buschwerk und Strukturelemente wie Steine, Holzhaufen, Baumstümpfe etc. auf denen sich die Echsen sonnen können.

Solche Strukturen können im Siedlungsgebiet an Eisenbahnlinien, Bächen, in Gärten, in Friedhöfen, in Familiengarten-, in Grün- und Parkanlagen und in Umgebungsflächen von Industrie- und Dienstleistungsgebäuden vorkommen. Weitgehend gemieden werden intensiv genutzte oder gepflegte Flächen.


typischer Lebensraum mit typischen Strukturen

Minimale Arealgrösse

Für eine stabile Zauneidechsenpopulation scheint die Fläche von einer Hektare das Minimum darzustellen. Diese Fläche kann ganz unterschiedlich angeordnet sein und sich über verschiedene Grundstücke erstrecken. Zum Beispiel erstreckt sich eine solche Fläche entlang von Bahnlinien, Bächen oder Waldrändern.

Eiablegeplatz

Die Weibchen suchen für die Eiablage sonnenexponierte, lockere Erdbereiche, in die sie im Mai oder Juni ca. 10 Tage nach der Begattung 6 bis etwa 12 Eier einige Zentimeter in die Erde oder an andere geeignete Orte (je nach Lebensraum) legen. Geeignete Ablageplätze werden jedes Jahr wiederbenutzt.

Sonnenbaden

Zauneidechsen baden oft mehrmals am Tag in der Sonne. Sie schmiegen sich an die heissen Unterlagen und lassen sich aufheizen. Hierzu bevorzugen sie Holzklötze und Baumstämme. Dazwischen gehen sie im Halbschatten auf Beutefang oder Partnersuche. In den meisten Gebieten verkriechen sich die Tiere zumindest im Sommer während der heissesten Stunden in ihren Unterschlüpfen.

Die durchschnittliche Körpertemperatur während der aktiven Zeit beträgt 31-32°C.


Weibchen häutet sich auf Eiablageplatz
© Bertrand Baur

 



  Nahrung

Die Zauneidechse ist wenig wählerisch Sie ernährt sich von kleineren Tieren, insbesondere von Insekten (z.B. Heuschrecken, Käfer), Würmern und Spinnen.

Eine schlechte Ernährungslage kann die Winterruhe der Tiere herauszögern und führt manchmal zu Kannibalismus an den im Spätsommer gerade geschlüpften Jungtieren.



  Fortpflanzung

Geschlechtsreife

Über den Zeitpunkt, in dem Zauneidechsen ihre Geschlechtsreife erreichen, bestehen unterschiedliche Angaben. Zwischen der ersten und zweiten Überwinterung oder nach der 2. Überwinterung.

Balz

Die Paarungszeit ist im Frühjahr nach dem Erwachen aus der Winterstarre. Die Männchen verfärben sich dann oft auffällig grün.

Die Tiere verteidigen während dieser Zeit ein Revier mit Imponiergehabe und aggressivem Verhalten, wobei der Unterlegene durch demütiges Verhalten den Sieger hemmt, ihn zu beissen.

Die Weibchen scheinen sich bei der Paarung hauptsächlich nach der Größe des Partners zu richten: Größere Männchen werden bevorzugt.

Eiablage

Ein Weibchen legt durchschnittlich 6 weiche, pergamentartige Eier. Ältere und grössere Weibchen können bis zu 14 Eier legen. Manchmal legen mehrere Weibchen ihre Eier an denselben Ort in die Erde.

Findet das Weibchen keinen geeigneten Ablageplatz, kann es die Eiablage um einige Tage verzögern. Befruchtete Eier überstehen dieses Übertragen in der Regel um ca. 5 Tage.

Eientwicklung

Die Entwicklung der Eier ist stark temperaturabhängig. Bei warmem Wetter schlüpfen die Jungen früher und gleichzeitig entwickeln sich mehr Junge als bei nasskalter Witterung. (Bei 21bis24 Grad dauert die Entwicklung 62-63 Tage. Bei ca. 28°C dauert es knapp 40Tage.). Die Jungen schlüpfen bei uns ab spätestens ab Mitte August.

Außer der Temperatur spielt auch die Feuchtigkeit eine wichtige Rolle: Als ideal gelten 5% Bodenfeuchtigkeit. Die Eier verlieren bei Trockenheit an Größe und bekommen Trocknungsdellen. Trockenheit zu Beginn der Entwicklung kann aber zu Missbildungen führen, wenn eine Trocknungsdelle auf den Embryo drückt.

Auch die Dauer des Schlupfvorgang ist temperaturabhängig. Bei warmen Wetter dauert er mehrere Stunden; bei kühlem Wetter bis zu einem Tag.



  Winterruhe

Einen großen Teil des Jahres (5-6 Monate) verbringen die Zauneidechsen in einem Winterquartier. Die erwachsenen Eidechsen verkriechen sich im September/Oktober. Die jungen folgen ihnen ca. einen Monat später. Sie nutzen die Zeit, um weiter Nahrung zu sich zu nehmen. Ende März / Anfang April erscheinen sie wieder, wobei zuerst die Jungtiere, dann die Männchen und erst 2-3 Wochen später die Weibchen aus den Verstecken kommen. Während der Winterruhe tritt so gut wie kein Gewichtsverlust auf.

 
Weibchen nach der Winterruhe. Die Haut ist noch voller Erde.
© Bertrand Baur



  Feinde und Gefahren

Natürliche Feinde

Natürliche Feinde der Zauneidechsen (wie auch der anderen Eidechsen) gibt es viele. In Mitteleuropa z.B. Fuchs, Wiesel, Hermelin, Bussard, Turmfalke und andere Greifvogelarten, Schlingnatter.

Als Raubtiere kommen in Siedlungsgebieten noch Katzen und Hunde dazu. Speziell Katzen können Kleinpopulationen in Gartengebieten vollständig auslöschen. Besonders in Habitaten mit mangelhaftem Versteckangebot.

Der Mensch

Die Zauneidechse braucht offene, wenig bewirtschaftete Flächen wie z.B. aufgelassene Felder, Lichtungen oder Schneisen in Wäldern, Ruderalstellen etc.. Solche Habitate hat der Mensch bis vor einigen Jahrzehnten noch in großem Maßstab erzeugt. Dies hat sich jedoch inzwischen stark geändert: Felder werden entweder intensiv bewirtschaftet, oder man lässt sie verbuschen oder forstet sie auf. Auch Rodungen werden wieder dicht aufgeforstet. Ruderalstellen in Städten werden entweder bebaut, oder zu parkähnlichen Anlagen mit hohem Vegetationsdeckungsgrad umgebaut. Steigender Erholungsverkehr in die von Zauneidechsen bewohnten Gebiete kann zur Schrumpfung der Populationen führen.

Die Witterung

In nasskalten Sommern legen die Weibchen weniger Eier. Ebenso entwickeln sich aus diesen Eiern weniger Junge bis zum Schlüpfen. Auch langanhaltende Trockenperioden beeinträchtigen den Schlupferfolg, da Gelege eintrocknen können. Dadurch nimmt ein Eidechsenbestand stark ab, wenn einige Jahre nacheinander ungünstige Witterung aufweisen.



  Schwanz-Autotomie

Bei einem Angriff durch ein Raubtier können die Eidechsen ihren Schwanz abwerfen. Vom 6. Wirbel an hat jeder Schwanzwirbel eine vorgebildete Bruchstelle. Im Binde- und Muskelgewebe gibt es ebenfalls eingebaute Schwachstellen. Durch ein relativ autonomes Nervensystem schlängelt sich der abgeworfene Schwanz oft heftig und wird daher als Beute ergriffen.

Der Schwanz wächst mehr oder weniger gut wieder nach. Hat der nachgewachsene Schwanz die Länge des ursprünglichen erreicht, so kann man ihn häufig nicht mehr von einem solchen unterscheiden. Beim nachgewachsenen Schwanz ist das Stützelement allerdings lediglich ein ungegliederter Knorpelstab. Diese Fähigkeit, den Schwanz abzuwerfen, nennt man (Schwanz-) Autotomie.



  Verbreitung

In der Schweiz findet man die Zauneidechse um den Genfersee und an exponierten Stellen der nördlichen Alpentäler (bis auf etwa 1'200 m ü.M., manchmal 1'500 m ü.M.). Ein isoliertes Vorkommen besteht auch im Unterengadin (bis 1'600 m ü.M.). Auf der Alpensüdseite fehlt sie hingegen.

In Europa beginnt das Verbreitungsgebiet im Westen in Südengland. Im Osten reicht es bis zum Baikalsee. Dieses Territorium teilen sich 9 Unterarten auf.



  Verwandtschaft

Die Zauneidechse gehört zu den Halsbandechsen (Gattung Lacerta). Neben ihr kommen in der Schweiz die Berg- bzw. Waldeidechse (ganze Schweiz) und die Smaragdeidechse (West- und Südschweiz) vor, die alle zu dieser Gattung gehören.

Zur Gattung Podarcis gehört die Mauereidechse. Sie ist schlanker und fällt durch ihre Fähigkeit auf, senkrecht an Mauern und Steinen hochklettern zu können. Im Süden ist sie häufig. In der Nordschweiz breitete sie sich entlang von Eisenbahnlinien aus.

Mauereidechse
© Bertrand Baur


Waldeidechse
© Bertrand Baur


last update:   
25.11.2003

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