Allgemein

Fledermäuse sind dämmerungs- und nachtaktiv. Zur Orientierung und Jagd in der Dunkelheit haben sie ein spezielles Ortungssystem entwickelt: Die Ultraschall-Echoortung.

Tagsüber ruhen sie einzeln, in kleinen Gruppen oder in grossen Kolonien in ihren Tagesschlaf-Quartieren. Oft befinden sich diese Quartiere in und an Gebäuden. Entweder hängen die Tiere dort frei im Dachstock oder sie ziehen sich in Hohlräume und Spalten an der Fassade oder im Zwischendach zurück.

Viele Fledermausarten sind gefährdet, einige sogar vom Aussterben bedroht. Aus diesem Grunde sollte möglichst vermieden werden, die Tagesschlaf-Quartiere durch Renovationsarbeiten und Abrisse zu zerstören. Durch einfache Veränderungen können auch neue Unterschlupfe an Gebäuden geschaffen werden.

Grosser Abendsegler   © Fledermausschutz


  Aussehen und Erkennungsmerkmale

Fledermäuse sind mit Ausnahme der Ohren und der Schnauzenpartie von einem dichten Haarkleid bedeckt. Meist ist es unauffällig in braunschwarzen Tönen gefärbt. Die Unterseite ist heller.

Die Ohren unterscheiden sich in Form und Grösse stark zwischen den verschiedenen Arten. Einige Arten haben ausserordentlich grosse Ohren, andere haben kleine, die nur wenig aus dem Haarkleid ragen.

Die Augen sind meist klein. Hufeisennasen tragen eigentümlich geformte Nasenaufsätze, die den anderen Arten fehlen.

Zwergfledermaus   © Fledermausschutz


Fledermäuse haben viele kleine spitze Zähnchen, die geeignet sind für das Verspeisen von Insekten.

Sie besitzen eine elastische Flughaut, die von der Schulter über Unterarm und Hand bis zu den Hinterbeinen und Schwanzknochen verläuft. Beim Fliegen wird die Haut von den Fingern aufgespannt.

Körperliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind kaum zu erkennen. In der Regel sind die Weibchen jedoch etwas grösser als die Männchen.

Körpergewicht und Spannweite der kleinsten und grössten einheimischen Art:

  • Zwergfledermaus: (Sie ist auch die kleinste europäische Art.)
    Gewicht: 3.5-8 g (Nicht schwerer als ein Zwanzigrappenstück!)
    Flügelspannweite: 18-24 cm (passt mit zusammengefalteten Flügeln in eine Streichholzschachtel)

  • Riesenabendsegler:
    Gewicht: 41-76 g
    Flügelspannweite: 41-46 cm
    Der Riesenabendsegler ist allerdings sehr selten.

Die Unterscheidung der verschiedenen Arten ist oft sehr schwierig. Als Bestimmungsmerkmale dienen z.B. Merkmale der Ohren und der Nase und die Länge des Unterarms oder des Daumens. Am besten wendet man sich an Fledermausfachleute für die genaue Artbestimmung (Stiftung zum Schutze unserer Fledermäuse in der Schweiz).

Einen weiteren Hinweis auf die Art können die Jagdweise, der Jagdort und die Jagdzeit bieten (jedoch nicht mit völliger Sicherheit!). Beispiele:

  • Wasserfledermaus: jagt in Trupps ausdauernd knapp über der Wasseroberfläche
  • Grosser Abendsegler: jagt hoch am freien Himmel (meist über 15 m Flughöhe) bis etwa eine Stunde nach der Dämmerung oft in Gruppen über Gewässern
  • Zwergfledermaus und Weissrandfledermaus: umkreisen gerne Strassenlampen, während die
  • Rauhautfledermaus von Lampe zu Lampe patrouilliert.
Bat-Detektor: Diese Geräte machen die Ultraschalllaute der jagenden Fledermäuse hörbar. Die Frequenzen, welche die verschiedenen Arten aussenden, liegen jedoch nah beieinander und variieren schon innerhalb einer Art. Deshalb ist es recht schwierig, mit dieser Methode eine Art zweifelsfrei zu bestimmen. Echo-Ortung einer Wasserfledermaus: Ultraschallrufe einer Wasserfledermaus


  Bevorzugte Gebäude


Dachstock- und estrichbewohnende Fledermäuse finden ihre Quartiere vorallem in folgenden Gebäuden:

  • Kirchen und Gemeindehäuser
  • Schulhäuser alter Dorfkerne
  • Alte Wohn- und Landwirtschaftsgebäude

Spaltenbewohnende Fledermäuse finden an Gebäuden überall geeignete Quartiere, wo diese Spalten, Risse und Hohlräume aufweisen. Das können sowohl Ruinen als auch Neubauten sein.

Ferner findet man Fledermäuse auch

  • unter Brücken, in Hohlräumen von Brücken
  • in Lampenkandelabern, Leitungsmasten
  • in Fabrikkaminen
  • in Kanalisationsschächten
  • in Kellern, Gewölben, Höhlen, Bunkern
  • in Mauerrissen
  • zwischen Scheitern von Holzbeigen
  • in Baumhöhlen, Rindenspalten


  Quartiere

Im Laufe eines Jahres suchen Fledermäuse verschiedene Quartiere auf, wo sie tagsüber ruhen oder ihren Winterschlaf verbringen. Diesen verschiedenen Quartieren sind sie meist sehr treu.

Sommerquartiere / Tagesschlafquartiere:

Fledermausweibchen sammeln sich in Gruppen in sogenannten Wochenstuben, um ihre Jungen aufzuziehen. Einjährige Männchen, die noch nicht geschlechtsreif sind, bilden zum Teil Junggesellen-Gruppen. Ältere Männchen dagegen sind oft einzeln anzutreffen.

Sommerquartiere befinden sich in ungestörten dunklen Dachräumen, an Balken oder Dachlatten, am Firstbalken oder in Turmspitzen.

Die meisten Arten leben sehr versteckt in Hohlräumen und Spalten des Dachstuhls, unter Dach- und Wandverkleidungen, hinter Fensterläden, hinter Fassadenverkleidungen, in Rollladenkästen und unter losem Mauerwerk (Spaltenbewohner). Abendsegler verbringen den Tag auch gerne unter Brücken.

Winterquartiere:

Die kalte Jahreszeit überdauern die Fledermäuse in tiefer Winterschlaf- Lethargie. Dazu suchen sie kühle, feuchte Kellerräume, Kirchen, Bunker und Holzstapel auf oder sie suchen Schutz in Fassadenspalten an Gebäudeaussenseiten und an Balkonen. Baumbewohnende Arten verstecken sich oft in Vogelnistkästen oder in Fledermauskästen. Die Winterquartiere werden ab Oktober aufgesucht und im März/April wieder verlassen.

Zwischenquartiere: Hier halten sich die Fledermäuse nur vorübergehend auf.

Paarungsquartiere: Hier balzen die Fledermäuse und paaren sich.

 


  Nahrung

Die einheimischen Fledermausarten ernähren sich alle hauptsächlich von Insekten wie Nachtfaltern, Mücken, Fliegen und Käfern. Um ihren Hunger zu stillen, muss eine Wasserfledermaus z.B. rund 1000 Mücken pro Jagdstunde verspeisen! Die meisten Insekten werden im Flug erbeutet, es gibt jedoch auch Fledermausarten, welche Käfer vom Boden aufnehmen. Das Verspeisen der Beute erfolgt auch meistens im Flug, nur wenige Arten suchen dafür bestimmte Frassplätze auf, wo sie sich mit ihrer Beute kopfüber anhängen, um in Ruhe zu fressen. Unter solchen Frassplätzen finden sich dann viele abgebissene Insektenflügel.

Die Beutetiere werden mittels Echo-Ortung aufgespürt.


Wochenstube (Grosse Mausohren)
  © Fledermausschutz


Einblick von unten in Spaltquartier
  © Fledermausschutz


Fledermaus im Winterschlaf
(Grosses Mausohr)
  © Fledermausschutz


Wasserfledermaus frisst Falter
  © Fledermausschutz



  Verhalten

Zur Orientierung und zum Beutefang in der Dunkelheit verwenden Fledermäuse die Echo-Ortung: Sie erzeugen Ultraschall-Laute (kurzwellige hohe Töne, hauptsächlich zwischen 20 und 60 kHz, für den Menschen nicht hörbar), welche an Gegenständen oder Beutetieren reflektiert werden. Das Echo wird mit den Fledermausohren aufgefangen, Position und Beschaffenheit des Gegenstandes oder der Beute können so genau festgestellt werden. Echo-Ortung einer Wasserfledermaus: Ultraschallrufe einer Wasserfledermaus

Wenn Fledermäuse ruhen, falten sie ihre Flughäute eng zusammen. Aufgestützt auf Handgelenk, Daumen und ihre nach hinten zeigenden Hinterfüsse können sie sehr gut krabbeln und klettern.

Im Quartier können zwei ganz unterschiedliche Ruhestellungen beobachtet werden: immer freihängend wie die Hufeisennasen und eng in Spalten eingequetscht wie die Zwergfledermäuse. Viele Arten zeigen Übergänge und wählen verschiedene Positionen. Einige hängen gerne an senkrechten Wänden, die sie mit der Bauchseite berühren.

Den Winter überdauern Fledermäuse in tiefer Winterschlaflethargie. Viele Fledermausarten unternehmen weite Wanderflüge zwischen ihren Sommer- und Winterquartieren. Diese Wanderstrecken können über hunderte von Kilometern führen.

Fledermäuse sind sehr gesellige Tiere und können sich zeitweise zu grossen Kolonien vereinigen. Über deren Sozialgefüge ist jedoch nur wenig bekannt. Gegenseitige Körperpflege oder Begrüssung bei Rückkehr ins Quartier konnten schon beobachtet werden.



  Fortpflanzung

Die Paarung der Fledermäuse findet im Spätsommer und Herbst statt, kurz nach der Entwöhnung der Jungtiere.

Bei einigen Arten balzen die territorialen Männchen mit gut hörbaren Rufen ("Zick") um die Gunst der Weibchen. Zwergfledermäuse tun dies im imposanten Schauflug, Abendsegler hingegen aus einer eroberten Baumhöhle heraus.Die Weibchen suchen sich die begehrenswertesten Partner aus. In der Regel paaren sich sowohl Weibchen als auch Männchen mit mehreren Partnern.

Die Weibchen speichern das Sperma bis zum nächsten Frühling in ihrer Gebärmutter. Erst nach dem Winterschlaf kommt es zum Eisprung und zur Befruchtung. Die Tragzeit beträgt 5 bis 10 Wochen. Zur Geburt versammeln sich die Weibchen in sogenannten "Wochenstuben", wo sie ihre Jungen aufziehen. Viele Fledermäuse bringen nur ein Junges zur Welt, andere regelmässig Zwillinge. Die Jungen sind noch nackt und flugunfähig, wenn sie auf die Welt kommen. Bereits während des Geburtvorgangs greifen sie mit den Füssen im Pelz der Mutter nach Halt und beissen sich dann an der mütterlichen Zitze fest.

Fledermausmütter nehmen ihre Jungen nicht mit auf die Jagd. Wenn es draussen dunkel wird, signalisiert die Mutter mit Schüttel- und Zuckbewegungen ihre Aufbruchstimmung. Daraufhin löst sich das Junge von ihr und wartet geduldig auf ihre Rückkehr. Die Mutter erkennt ihr Junges an der Stimme und am Geruch wieder. Die Jungen werden gesäugt, bis sie selber fliegen können, was je nach Art 3-10 Wochen dauert.

In Gefolgschaft ihrer Mutter erkunden sie ihre Umwelt und lernen die ersten Insekten zu jagen. Bald lösen sich die Wochenstuben auf, die Weibchen vergesellschaften sich wieder mit den Männchen und eine neue Fortpflanzungsperiode beginnt.

Wochenstube
(Grosses Mausohr)
  © Fledermausschutz

Mutter mit Jungem
(Grosses Mausohr)
  © Fledermausschutz


  Feinde und Todesursachen

Die Fledermaus ist für ihre natürlichen Feinde nur eine Gelegenheitsbeute. Der Fledermaus-Bestand wird von ihnen nicht wesentlich beeinflusst:

  • Waldkauz, Eulen
  • Falke, Habicht und Sperber, wenn die Fledermäuse schon vor Sonnenuntergang ausfliegen
  • Steinmarder
  • Hauskatzen

Andere Todesursachen:

  • Erschöpfungstod der Jährlinge auf der herbstlichen Wanderung und im Winter, infolge verminderter Fitness (Schlechtwetterperioden bei der Aufzucht)
  • Verhungern infolge Nahrungsmangel durch andauernd schlechtes Wetter (betrifft vor allem frisch entwöhnte Jungtiere)
  • Vergiftung durch Holzschutzmittel oder Insektenbekämpfungsmittel (Pestizide)
  • Störung im Winterquartier führt zu übermässigem Reservefett-Abbau
  • Fliegen-Klebefallen in Ställen
  • Oben offene Gefässe oder Rohre, welche für gewisse Fledermausarten zu einer tödlichen Falle werden können
  • Strassenverkehr
  • Stacheldraht

Parasiten: Fledermäuse können von zahlreichen Parasiten befallen werden. Solche Parasiten können meist nur auf Fledermäusen oder sogar nur auf einzelnen Arten leben. Milben, Fledermausflöhe, Fledermausfliegen und Wanzen können sich im Fell der Fledermaus tummeln oder sich auf den Flughäuten anhaften. In der Regel besteht jedoch ein Gleichgewicht zwischen Wirt und Parasit. Erst wenn dieses Gleichgewicht gestört wird - z.B. durch Nahrungsmangel, Pestizidbelastungen oder auch sozialen Stress - können die Parasiten für die Fledermaus zur Gefahr werden. Durch intensives Putzen, Fellpflege und häufigen Wechsel des Tagesquartiers versuchen die Fledermäuse, den Parasitenbefall in Grenzen zu halten.



  Lebenserwartung

Einzelne Tiere können über 20 Jahre alt werden, im Durchschnitt werden sie jedoch nur etwa 3-4 Jahre alt.



  Verbreitung

Fledermäuse sind in der ganzen Welt zu Hause. In den Tropen ist der Artenreichtum am grössten, da Fledermäuse ein warmes Klima bevorzugen. In der Schweiz sind 27 Arten heimisch, weltweit sind ca. 900 Arten bekannt.



  Verwandtschaft

Fledermäuse sind Säugetiere da sie unter anderem behaart sind und ihre Jungen säugen. Sie gehören in die Ordnung der Fledertiere (Chiroptera "Handflügler"), zu der auch die Flughunde der Tropen zählen.

Mit Mäusen (Ordnung Nagetiere/ Rodentia) sind Fledermäuse dagegen nicht verwandt, auch wenn es der Name vermuten lässt. Fledermäuse sind mit 27 Arten (3 Familien) die artenreichste einheimische Säugetiergruppe: Alle sind bundesrechtlich geschützt.

deutscher Name wissenschaftlicher Name
Grosse Hufeisennase
Rhinolophus ferrumequinum
Kleine Hufeisennnase Rhinolophus hipposideros
Bartfledermaus Myotis mystacinus
Brandtfledermaus Myotis brandtii
Wimperfledermaus
Myotis emarginatus
Fransenfledermaus Myotis nattereri
Bechsteinfledermaus Myotis bechsteinii
Grosses Mausohr Myotis myotis    
Kleines Mausohr Myotis blythii
Wasserfledermaus Myotis daubentonii
Langfussfledermaus Myotis capaccinii
Zwergfledermaus
Pipistrellus pipistrellus   
Mückenfledermaus Pipistrellus pygmaeus (Geschwisterart der Zwergfledermaus)
Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii
Weissrandfledermaus Pipistrellus kuhlii
Alpenfledermaus Hypsugo savii
Kleiner Abendsegler Nyctalus leisleri
Grosser Abendsegler Nyctalus noctula    
Riesenabendsegler Nyctalus lasiopterus
Nordfledermaus Eptesicus nilssonii
Breitflügelfledermaus
Eptesicus serotinus
Zweifarbenfledermaus Vespertilio murinus
Mopsfledermaus Barbastella barbastellus
Braunes Langohr Plecotus auritus    
Graues Langohr Plecotus austriacus
Langflügelfledermaus Miniopterus schreibersii
Europ. Bulldoggfledermaus Tadarida teniotis


last update:   
25.11.2003

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